Auf dem West Highland Way nach Drymen zum Start des Rob Roy Way – Tag 3

Highlands wir kommen

[Wanderung 18,7 km, mittel] [ca. 160 Höhenmeter] [15.10.2019]

Heute beginnt endlich unsere Wanderung, und die startet mit der ersten Etappe des West Highland Way von Milngavie nach Drymen. In Drymen beginnt dann der Rob Roy Way.

Aufstehen, es geht auf den West Highland Way

Der Morgen begann um 6 Uhr. Herrlich ohne Wecker aufzustehen und einen langen Tag vor sich zu haben. Ich bin dezent aufgeregt. Milch aufwärmen, den ich zusammen mit einer Banane und einem Apfel gestern im nahen Tesco gekauft habe, und Instant Espresso Pulver hineinschütten, perfekt! Appetit habe ich kaum, das Tütenporridge verwahre ich mir für morgen, schneide 3 Scheiben von meinem Graubrot ab und bestreiche sie mit den Butterportionen, die ich auf der Fähre eingesteckt habe. Die Banane schaffe ich so gerade herunter. Packen, Küche aufräumen, aufsatteln und los geht es. Zuerst zum Post Office, um Geld zu tauschen. Der Standort meiner Unterkunft ist echt klasse, das Post Office und Tesco sind direkt um die Ecke. Das Beste ist aber, wir sind nur wenige Meter von der Haltestelle Charing Cross entfernt, von wo aus ein direkter Zug nach Milngavie abfährt.

Das Portal zum West Highland Way

In Milngavie wird man direkt am Bahnhof von dem West Highland Way überfallen. Überall Wegmarkierungen und Schilder, sogar von ScotRail Hinweise auf die Züge zurück von Fort William. Die Stadt könnte auch West Highland Way heißen. Da, ein Lebensmittelmarkt mit Spezialitäten. Super, denn ich brauche noch anständigen Käse. Ein netter Verkäufer, ein kurzer Plausch. Die Menschen sind freundlich, und Mozart ist mit seinem roten Rucksack immer eine Bemerkung wert.

Milngavie to Drymen, dann mal los!

Der „Eingang“ zum WHW ist wie ein Portal in einen besonderen Park, und liegt zwischen den Häusern im Zentrum von Milngavie. Nach wenigen Metern ist man am Fluss, dem man in nördlicher Richtung folgt. Alle paar 100 Meter haben wir eine Hundebegegnung, alle laufen frei, doch ich kann Mozart hier in unbekanntem Gelände nicht laufen lassen, er könnte sich „verschnüffeln“ und dann kommt er erst zurück, wenn ER das für angebracht hält. So ist er nun mal, und wir haben das auch mit unterschiedlichen Trainern nicht aus ihm herausbekommen. Zudem ist rumtoben mit dem Rucksack nicht so praktisch, und er hat im Gegensatz zu den „Gassigängern“ einen langen Tag vor sich. Jetzt gerade liegt er unter dem Tisch und ruht sich aus, aber dazu später mehr.

Die ersten Meilen auf dem Trail

Nach 2-3 km muss ich mal. Jetzt wird der Spruch von Maries Freundin zum WHW wahr: „Da findet man kaum einen ruhigen Platz zum Pinkeln“. Ich muss erstmal warten bis 2 Wandergruppen an mir vorbeiziehen, und gerade als ich dachte ich bin allein, kommt ein Mann an gejoggt, nochmal warten. Der Boden abseits des Pfades ist nass wie ein Schwamm. Klar, es hat ja auch die letzten Tage stark geregnet. Alles ist von Moos überwuchert, es könnten Feen hier wohnen.

Nach 4-5 km kommen wir aus dem Wald heraus und Mozart bekommt seine ersten dollen 5 Minuten. Er will rennen, springen, hat endlich kapiert was hier abgeht, wir sind auf Wanderschaft. Die Freude pur! Wir passieren einen kleinen See und da liegen die ersten größeren Hügel vor uns hinter dem Morgendunst in der Sonne!

An einer Holzhütten-Siedlung, es scheint ein Jagdrevier zu sein, sind immer mal wieder Schilder angebracht mit Infos zu den zu verbliebenen Kilometern bis Fort William. „Keep Walking!“

Keep walking

Anschließend müssen wir ein Stück an der Landstraße entlang. Das ist ziemlich unangenehm, aber darauf folgt ein wunderschönes Stück (nachträglich das Schönste auf dieser Etappe), eine riesige, großflächige Weide. Der Blick öffnet sich weit in ein Tal und auf die Strathblane Hills. Die Sonne scheint, Zeit für eine Stulle und ein Stück Käse.

In den 10-15 Minuten, die wir dort auf einem Stein gesessen haben (der Cheddar ist übrigens sehr trocken, aber sehr lecker), kommen insgesamt aus beiden Richtungen 7 Wanderer und 2 Jogger vorbei.

 

Mozart bekommt auch eine Handvoll mit getrocknetem Pferd, sitzt neben mir und SCHAUT hinaus in diese Weite, beobachtet, ist wie hypnotisiert.

Nach dem verspäteten Frühstück geht es hinunter in das Tal, Wolken und Nebel wadern wieder um die Hügelspitzen.

Kurz vor einer Landstraße, die uns eine ganze Weile in Sichtweite begleiten wird, zweigt der WHW links ab. Die Glengoyne Destillerie lassen wir rechts liegen (heul), denn auf dem Plan steht eine richtige Pause mit Essenaufnahme im Beech Tree.

Rast im Beech Tree mit Kaffee und Tagebuch

Der Garten mit den vielen Tischen und Bänken (einige davon überdacht) wird mit jeder Minute leerer. Die Sonne kommt genau jetzt wieder hinter den Wolken hervor, es ist herrlich. Zeit um bei einer Tasse Kaffee das Tagebuch zu beschreiben. Mozart bekommt wie bereits erwähnt seine Pause, pure Entspannung für uns beide.

5- 6 km fehlen noch bis zum Campingplatz in Drymen, Slow down, immer mit der Ruhe, ich möchte nicht zu früh dort ankommen.

Im Tunnel

Die letzten Kilometer bis zum Campingplatz waren so naja, man geht fast ausschließlich auf einer geraden Linie zwischen Vegetation und meist beidseitigen Zäunen entlang. Das Tal ist weit und zum Glück gibt es genug rundherum zu sehen. Trotzdem fühl man sich irgendwie eingesperrt, wie in einem Tunnel. Selbst Mozart hat nicht wirklich Lust. Ist er schon müde?

Der Apfelbaumund die Flyer

Irgendwann auf dem Weg treffen wir auf einen Apfelbaum, unter dem so viele Äpfel liegen, dass es aussieht wie ein Apfelteppich. Das Licht war für mein Handy nicht optimal, aber ich musste das fotografieren. Warum werde ich morgen erfahren.

Als wir endlich aus dem Gang heraus kommen, steht dort ein Pfosten mit angehefteten Flyen in Folie, die den müden Wanderern Lösungen für ein leichteres Vorankommen oder Zurückkommen anbieten.

Auf der Single Road und über einen Zaun

Wenige Meter nach den Flyern treffen wir auf die Gartness Bbridge, wir atmen, sehen Atmosphäre und sind schlagartig hellwach. Am Ufer bei einer Bank wäre sogar ein schöner Platz zum Zelten, aber ich möchte noch weiter gehen, bis an den Anfang des Rob Roy Way.

Auf der anderen Seite der Brücke steht eine Reihe hübscher Cottages, ein Schild weist auf den Saisonausverkauf von Wanderverpflegung hin. Haha, sicher Big Business bei all den WHW Wanderen, die hier jedes Jahr vorbei kommen.

Wir folgen der ruhigen Single Road bis eine Abzweigung auf einen Wanderweg abschwenkt. Ohne zu Überlegen biege ich ab, aber als auf einer seichten Anhöhe kein Campingplatz auftaucht befrage ich das Navi. Wir sind falsch. Was nun? Komplett zurück, oder den Hang zur Brücke hinaufkrabbeln und über die Straße dort oben zurück auf den richtigen Weg? Letzteres! Oben angekommen muss ich Mozart mitsamt seinem Rucksack über einen Holzzaun heben. Klappt, gesegnet sei das Krafttraining und daß ich Mozart daran gewöhnt habe ihn ab und zu auf den Arm zu heben und ein paar Schritte zu gehen.

Die letzten paar Meter sind der Hammer. Was für ein tolles Wetter, was für Aussichten, was für Farbspiele, was für ein Herbstwetter!

Ausklang

Auf dem Campingplatz sind wir erstmal allein. Erst später kommt eine Wanderin hinzu. Zelt aufbauen, Wasser kochen für Mozarts Barf, und während das einweicht nochmal Wasser kochen für einen Tee. Ein Butterbrot mit Käse, eine Nachricht an die Familie, und jetzt sitze ich einfach nur da, Mozart liegt im Gras und wir beobachten das gecheckte Pferd von Pipi Langstrumpf auf der Weide direkt vor uns. Vor wenigen Minuten ist eine Gruppe Zugvögel über uns hinweg gezogen, der Laute nach waren es Gänse. Ich fühle mich stark und frei und reines Glück schwappt einfach so durch mich durch.

Noch einmal drehen wir eine kleine Verdauungsrunde und werden mit atemberaubenden Sonnenuntergangsstimmungen über der weiten Landschaft belohnt.

Etwas Wasser für den Körper unter der Dusche, ein Schluck Whiskey für die Wärme im Zelt, gute Nacht.

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