Speyside Way – Tag 1 – Newtonmore bis Loch Insh Watersports

Der erste Tag auf dem Speyside Way

[Wanderung ca. 22 km, mittel] [220 Höhenmeter] [27.05.2023]

Da wir gestern sehr früh ins Bett gegangen sind und auch wegen der Zeitverschiebung war ich schon vor 6 Uhr auf. Frühstück gibt es um 8 Uhr, also schnappe ich mir Mozart zum Gassigehen. Diesmal habe ich statt der Hüftgurttaschen am Rucksack eine Bauchtasche dabei, in der ich Geldbörse, Hundekotbeutel und Kleinkram unterbringe. Das Ding kommt mit, und das ist gut so, denn als wir wenige Minuten später in Kingussie-Zentrum ankommen, fährt gerade der Zug nach Newtonmore ein. Die Fahrkarte hatte ich bereits online bei Scotrail gekauft und sogar dabei, also springen wir in den Zug und sind 5 Minuten später in Newtonmore, dem Ausgangspunkt des Speyside Way.

Von Newtonmore nach Kingussie

Die spontane Entscheidung hat mir allerdings den Besuch im Highland Folk Museum vermiest, denn das ist um diese frühe Uhrzeit noch geschlossen. Eigentlich schade, aber dafür entschädigt mich in Newtonmore die Ruhe am frühen Morgen und ein entspannter Weg entlang der Bahngleise ohne den schweren Rucksack.

Eigentlich wandern wir hier teilweise auf dem East Highland Way, der von Fort William nach Aviemore führt. Die Wegführung ist stellenweise etwas anspruchsvoller als der Speyside Way. Offiziell beginnt/endet der Speyside Way seit einigen Jahren in Newtonmore, aber in den meisten Wanderführern findet man immer noch Start oder Ziel in Kincraig und die Laufrichtung von Buckie nach Newtonmore. Da ich aber im Anschluss noch den Moray Coast Trail geplant habe, wandern wir zum Meer, was ich auch irgendwie logischer finde.

Nach ca. 5 km sind wir wieder in Kingussie angekommen, erklimmen den Hügel und sitzen um 8 Uhr am Frühstückstisch, inklusive Unterhaltung mit einem netten Engländer, der für ein paar Tage zum Wandern nach Schottland gekommen ist.

Auf geht’s, erstes Ziel die Ruthven Barracks

Die Ruthven Barracks tauchen nach 2 km auf einem kleinen Hügel neben dem Spey auf. Imposante Mauern, aber leider geschlossen, also weiter. Das Wetter ist grau und überhaupt nicht fotofreundlich, aber der Panoramablick über den Fluss und die Hügel auf der anderen Uferseite erheitert Auge und Gemüt. Mozart geht mir voraus, mit seinem roten Rucksack, ich liebe diesen Anblick, wir sind wieder unterwegs!

 

Highlight Nummer 2, das Naturschutzgebiet Insh Marshes

Wir folgen einem geschotterten Weg neben der Straße, auf den Auenwiesen sehe ich immer wieder Vögel am Boden hocken, und da sitzt tatsächlich ein Auerhuhn! Ein Männchen, mit all seiner Federpracht um den Allerwertesten. Ein Weibchen hätte ich auch nicht von den dummen Hühnern, wie ich die Birkhühner nenne, unterscheiden können. Wir sind in den Insh Marshes, einem Naturschutzgebiet zwischen Kingussie und Kincraigh zum Schutz von Bodenbrütern. Nach 1 km erreichen wir den offiziellen Haupteingang mit Parkplatz und ich suche auf meiner Nabu-App nach den Vögeln mit den langen Schnäbeln. Waldschnepfen. Wegen Mozart bzw. den Bodenbrütern verzichte ich auf den vollständigen Rundweg und folge dem Speyside Way.

Easy Stroll im Sonnenschein

Wir überqueren den Wildbach Tromie, der unter der Brücke zwischen den Felsen rauscht, und da unten entdecke ich zwei Wanderer, die es sich auf einem Felsen gemütlich gemacht haben. Bald wendet sich der Weg um fast 360 Grad, die Sonne kommt heraus und der Duft von Nadelhölzern liegt in der Luft. Tief durch die Nase einatmen!

Wir durchqueren die Minisiedlung Drumguish und folgen dem Weg, mal bewaldet, mal Felder, mal Wiesen. Mozart findet kleine Bächlein zum Wasserlecken und ich finde meine Ruhe und eine kurze Trinkpause auf einer Bank mit herrlicher Aussicht. Urlaub, wir haben viel Zeit und langsam spüre ich den Weg, wir sind wieder in der Natur! Nach dem dunklen Winter, der blöden Grippe im gesamten Januar und der vielen Arbeit genieße ich den gelben Ginster und die vielen kleinen Blumen am Wegesrand.

Der Weg bis nach Insh ist sehr angenehm, feiner Kies, aber gut zu gehen. Links die Flussauen, rechts der Wald. Sehr reizvoll! Hinter Insh, an der Hauptstraße, macht der Weg wieder einen Knick und ein relativ breiter Waldweg führt uns bergauf. Wir treffen einen Schweizer, der den Speyside Way in der entgegengesetzten Richtung läuft. Ein kurzer Plausch, Erfahrungsaustausch und Smalltalk. Dabei erfahre ich, dass die Strecke vor Aviemore sehr schön sein soll und Zelten am Loch Insh Outdoor Center anscheinend erlaubt ist.

Ein beliebtes Ausflugsziel

Bei immer stärker werdendem Wind geht es voran. Mit jedem Meter begegnen wir mehr Ausflüglern und „hastenichtgesehen“ erreichen wir die Uath Lochans. Kleine Seen mitten im Wald. Eigentlich wollte ich hier zelten, aber es ist erstens noch viel zu früh und zweitens viel zu voll. Fast jeder hat mindestens einen freilaufenden Hund dabei und Mozart möchte auch mal. Ich nehme ihm den Rucksack ab und lasse ihn ein wenig spielen und im Wasser liegen. Wer meinen Blog verfolgt, weiß, dass mein Hund nicht schwimmen kann, sich aber in jede Pfütze legt, um sich abzukühlen.

Ankunft am Insh Outdoor Center

Am frühen Nachmittag erreichen wir das Outdoor Center, mit einem kleinen, belebten Strand und einem großen Gebäude mit Restaurant dahinter. Windsurfer genießen den kräftigen Wind, der vom See her weht. Leicht bekleidete Familien sitzen am Strand und trotzen dem kühlen, windigen Wetter. Kinder rennen herum und bauen Sandburgen. Normalerweise würde ich vor einer solchen Kulisse fliehen, aber die Atmosphäre ist angenehm und etwas weiter weg vom Trubel sehe ich einen unbevölkerten Abschnitt Strand. Also frage ich um Erlaubnis, und gegen eine Gebühr von 10 Pfund wird mir die Genehmigung erteilt. Toilettenbenutzung inklusive, was will man mehr.

Dummer Sturz mit viel Glück

Am Zeltaufbau ist noch nicht zu denken, zu stark ist der Wind, aber er soll nachlassen. Wir begeben uns zu einem Holztisch mit zwei Bänken, die fest mit dem Tisch verbunden sind. Mir werden die Haare vom Wind ins Gesicht geweht, also drehe ich mich um. Ich binde sie zum Zopf, drehe mich wieder um und stolpere über einen verkohlten Ast im Sand. Meine Stirn schlägt gegen die Bank, was dann geschah, ist verschwommen. Als ich wieder zu mir komme, liege ich kopfüber im Sand, die Brille hängt schief auf meiner Nase, der Schädel tut weh und Mozart leckt meine Wange. Und was mache ich, immer noch benommen als Erstes? Meine Brille zurechtrücken und das linke Glas wieder in die Fassung drücken. Das klappt einigermaßen, IC-Berlin-Qualität sei Dank. Dann kommt der Schmerz, wie blöd, ich versuche ihn einfach zu ignorieren.

Ich besorge mir im Restaurant etwas Eis und bestelle eine Suppe. Dabei lerne ich und lerne ein Pärchen kennen, das sich hier zum ersten Mal verabredet hat. Sie aus Inverness, er aus Kirriemuir. Wir haben sofort ein Gesprächsthema, Peter Pan. Ablenkung ist alles und meine wachsende Beule scheint nicht aufzufallen.

Himmlische Farben am Abend

Inzwischen hat der Wind nachgelassen, es ist Zeit, das Zelt abzubauen. Die Sonne beginnt mit den Wolken zu spielen, und langsam rollt die Abendstimmung über den See. Ich bin satt von der Suppe und Mozart bekommt sein Essen. Gegenüber hat eine junge Frau (Cousine oder Schwester arbeitet im Restaurant) ihr Zelt aufgeschlagen, und die Mücken beginnen ihren Tanz. Nun kommt zum ersten Mal mein Hut mit Moskitonetz zum Einsatz, auch wenn mein Kopfumfang nicht mehr der gleiche ist wie heute morgen. Das Ding passt nicht mehr und ich muss es bis zum Haaransatz hochschieben.

Erst jetzt beim Schreiben wird mir bewusst, wie viel Glück ich bei meinem freien Fall hatte. Die Reise hätte hier und jetzt schon zu Ende sein können.

Nach einem letzten Spaziergang bringe ich Mozart ins Zelt, denn die Mücken belagern ihn und verstecken sich tief in seinem Fell. Der Versuch, ihm vorher möglichst viele der kleinen Biester abzuschütteln, klappt nur mäßig. Später im Zelt werde ich noch einige Zeit brauchen, um sie zu zerquetschen. Sorry Mücken, aber ihr nervt und seid selber schuld. Selbst jetzt beim Tagebuchschreiben muss ich immer wieder die Hand ausstrecken, weil ich zu faul bin, mir die Anti-Mücken-Chemie auf die Hand zu schmieren. Die Haut auf der Stirn spannt und im Kopf pocht es heftig, ich sollte mich hinlegen. Noch ein Toilettengang und gute Nacht.

 

GPS Daten von Kingussie nach Kincraig (Loch Insh Watersports)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Top