Im Morgennebel, unter Sonne und Windrädern zur Lauschhütte
[Wanderung 24,9 km, schwer] [580 Höhenmeter] [12.10.2020]
Um 6 Uhr in der Frühe wache ich nach einer ruhigen Nacht auf, bin aber noch nicht richtig lebendig als Sascha an mein Zelt kommt, um mich zu wecken. Er ist ein Frühaufsteher, und wir hatten die Weckaktion am Abend zuvor geplant, denn es soll heute sehr heiß werden. Aus diesem Grund möchte ich so früh wie möglich zur Lauschhütte aufbrechen, unserem heutigen Ziel.
Schnell ein Besuch auf dem Bio-Plumpsklo, dann das Zelt abbauen, währenddessen Wasser für einen Kaffee kochen und ein Knäckebrot am Lagerfeuer kauen. Die verbliebenen Zelte stehen still im Morgennebel. Mozart war super, hat keinen Laut von sich gegeben, so haben wir niemanden aufgeweckt, hoffentlich!
Der verwunschene Wald
Der Nebel, oder sind wir einfach nur in einer Wolke eingehüllt, verzaubert den Wald, und nur gedämpft klingt die Morgenmusik der Vögel zu uns durch. Es ist absolut phantastisch, unbeschreiblich!
Ich fühle mich wie in einer Opernkulisse zu Hänsel und Gretel.
Der schmale Pfad gibt mir wieder die Empfindung mitten drin zu sein, eins mit den Bäumen, Sträuchern und dem Nebel. Zwischen Buchen, Eichen und vereinzelten, kleinen Lichtungen entdecke ich plötzlich ein wildes Camp neben dem Weg, von dem der Rauch eines Feuers aufsteigt. Unter dem Tarp kommt eine Gestalt hervor, die mindestens genauso überrascht wie ich zu sein scheint. Moin!
Ab und zu geht es immer mal wieder kurz über Forstwege, doch die meiste Zeit führt der Weg mitten durch den Wald. Als wir am Gräfenbach ankommen, bricht so langsam die Sonne durch, und ich nutze den Moment, um am Bach etwas Wasser für Mozart nachzufüllen. Mein Hund mag Temperaturen über 25 Grad und Sonne überhaupt nicht, und wirft sich am Liebsten auf ein kühles Bad in kühlende Fluten. Alternativ kühle ich ihn mit eigenem Wasser etwas ab. Bei all unseren Wanderungen muss ich immer vorher auf der Karte prüfen, ob es genug Bäche oder Flüsse auf unserem Weg gibt. Meine Pflegehündin Tessa waren hohe Temperaturen völlig egal, so unterschiedlich sind die Rassen. Mir war Hitze früher auch schnuppe, aber seit ich die 50 überschritten habe, werde ich von Jahr zu Jahr hitzeempfindlicher.
Eine riesige Wiese mitten im Wald
Nach dem Wald erscheint mir das Tal sehr lieblich und als wir an das kleine Naturschutzgebiet Glashütter Wiesen ankommen haut es mich um! Noch im Schatten vor einer einzelnen Eiche stehend, breitet sich dahinter eine riesige Wiesenfläche in der Morgensonne aus. Es ist kurz nach 8 Uhr und die Welt ist perfekt in Ordnung! In solchen Momenten bereue ich es eine Nachteule zu sein. Bis ich zu Hause mal aus dem Quark komme und an einem Ausgangspunkt für eine Wanderung angelange, ist dieser frühe Zauber meist verflogen.
Lichtspiele
Ein Stück werden wir entlang der Wiese von der Sonne beschienen, und ich bin froh danach wieder im schattigen Wald zu sein, auch wenn der Weg jetzt irgendwie „eingezäunt“ und schnurgerade ist. Doch das Spiel zwischen Licht und Schatten ist herrlich und bald erreichen wir erneut einen Pfad bergauf, folgen ein Stück einer Asphaltstraße und erreichen den Schanzenkopf mit seinen Antennen.
Schanzenkopfpanorama
Eine schattige Liegebank neben einer Schutzhütte mit Blick auf die Landschaft gen Norden schreit ganz laut, so machen wir eine kurze Rast für ein paar Fotos. Ausnahmsweise gehe ich mit dem Handy auf Empfang, um diesen Moment mit meiner Familie zu Hause zu teilen. Hunger stellt sich immer noch nicht ein, das Käseknäckebrot ist echt sättigend und „knäckt“ nicht, sondern bleibt im Rucksack gestopft sogar ganz.
Im Windmühlenland
Wir verlassen den Platz und folgen einem Pfad bergab. Nachdem wir eine Landstraße überquert haben kommen wir in ein Windmühlenland. Das merkwürdige Sausen und die Schilder mit dem Hinweis auf Eisschlag werden uns von nun an mal mehr, mal weniger bis zur Lauschhütte begleiten. Ökostrom hat seinen Landschaftspreis, deshalb versuche ich im Alltag so wenig wie möglich Strom zu gebrauchen. Seit 1 Jahr kämpfe ich mit mir und der Anschaffung einer Tiefkühltruhe, genau aus dem Grund. Solche, und andere Gedanken gehen mir durch den Kopf, während der Wald immer mehr in einen Fichtenwald übergeht.
Schwer und süß liegt der harzige Geruch in der wärmer werdenden Luft. Fichtenplantagen waren für mich schon als Kind unheimlich. Diese geraden Linien von Baumstämmen und das fehlende Unterholz. Das waren nicht die Wälder aus den Märchenbüchern. Windräder, Fichten und Sonne. Trotzdem ist meine Stimmung ungetrübt. Ich hänge einfach nur uralten Erinnerungen nach und träume mich Schritt für Schritt zum Katzenkopf.
Zweites Frühstück am Katzenkopf
An einer Bank mit herrlichem Blick gen Süden halte ich kurz an und studiere die Karte, denn hier sollte irgendwo ein Aussichtsturm mit Schutzhütte sein, an der ich mein zweites Frühstück „kochen“ möchte. Dabei überholt mich eine Vierergruppe, die am Ochsenbaum gecampt haben. Gemeinsam erreichen wir das Hochsteinchen mit einem Aussichtsturm aus Stahl und einem langen Holztisch mit Bank im Schatten. Perfekt.
Ich packe meinen Spirituskocher aus um Wasser warm zu machen und mein Porridge einzuweichen. Dazu gibt es einen Tee. Nach und Nach kommen immer wieder Wanderer an und ziehen wieder von Dannen. Fast eine Stunde gönne ich mir eine lange Pause und beobachte das Geschehen. Mozart ist es hier zu bevölkert, er hat sich unter der Bank verkrochen.
Abstieg in die Hitze
Der nun folgende Abstieg nach Rheinböller ist weniger schlimm als befürchtet. Mein Oberschenkel macht mit und als wir im Tal ankommen machen wir noch einen kurzen Abstecher zur nahegelegenen Tankstelle. Es ist kurz nach 13 Uhr, tierisch heiß, und ich habe ein Extrembedürfnis nach eiskalter Cola und Schokolade.
Die Idee haben auch andere Wanderer, die ich am Hochsteinchen gesehen habe. Hoffentlich führt der Weg bis zur Lauschhütte durch schattigen Wald. Meine Sorge gilt Mozart, denn bereits auf dem kurzen Stück an der Straße entlang hat er heftig gehechelt und sein schwarzes Fell ist stark aufgeheizt. Noch einmal fülle ich Wasser auf, das er hier an der Tanke aber nicht anrührt, zu viele Menschen!
Zurück auf dem Steig geht es erstmal unterhalb der Autobahn an einem Fluß entlang. Ich treffe auf ein junges Wandererpärchen die zusehen wie ein Reh panisch versucht vor ihnen durch einen Zaun zu flüchten, weil die Zwei den sicheren Fluchtweg versperren. Ich gehe schnell und zügig vorbei und fordere auch die Zwei auf sich zu bewegen, um dem Reh einen Ausweg zu ermöglichen.
Aufstieg zur Lauschhütte
Nachdem ich nach der Unterführung unter der Autobahn das Tor zum Steig entdecke, mache ich nach wenigen Metern eine Pause und gebe Mozart zu trinken. Es klappt. Dann höre ich Stimmen und das Tor quietschen. Die vier Wanderer vom Ochsenkopf Camp erreichen uns gerade als ich den Rucksack wieder schultere. Sie waren im Ort einkaufen und tragen ihr Mittagessen in den Händen.
Bis zum Forsthaus Emmerichshütte schwitzen wir gemeinsam den Aufstieg hinauf. Dort machen sie ihre Pause an einem sonnigen Rastplatz und ich gehe weiter. Zunächst noch stetig bergan durch den Wald, aber dann werden die Wege breiter und sonniger. Immer wieder versorge ich Mozart mit Wasser. Komisch, vor lauter Sorge um Mozart fällt mir der Weg überhaupt nicht schwer.
Am Ohlingsberg steht eine schattige Schutzhütte und ich gönne uns eine kurze Verschnaufpause und genieße den Ausblick.
Die verbleibenden 2 km bis zur Lauschhütte müssen wir über eine sonnige, breite Schotterpiste. Nicht prickelnd für Mozart. Forstwege, Schotter und Fichtenplantagen mögen wir Beide nicht!
Unser bauwagen an der Lauschhütte
Als wir an der Lauschhütte ankommen bekomme ich einen kleinen Schock. So viele Menschen und Autos! Den Schlüssel für meinen Bauwagen erhalte ich am Kletterwald, und auf dem Weg dorthin sehe ich Sascha auf der kleinen Zeltwiese in der Sonne vor seinem Zelt liegen. Leider hat er schon direkt nach seiner Ankunft im Forsthaus gegessen, so muss ich später alleine speisen.
Am Klettersteig bezahle ich mein Quartier und werde in das Wäldchen vis á vis vom Forsthaus geführt. Dort steht mein Bauwagen schön einsam im Schatten mit einer eigenen Feuerstelle. Drinnen ist es klein aber fein. Ein großes Bett und ein kleineres über dem Fußende, ein Tisch, eine Bank und vor allem Ruhe!
Ich mache mir meinen obligatorischen Ankunftstee, setzte mich in den Eingang, lasse die Beine baumeln und bin froh darüber am Montag ganz spontan den Wagen reserviert zu haben. Nur gedämpft klingen Geräusche zu mir herüber, ansonsten sind wir hier allein. Danach gehe ich noch einmal zu Sascha auf die Zeltwiese hinüber, die sich immer mehr füllt, und frage ihn, ob er nicht Lust hat später bei mir am Lagerfeuer zu sitzen.
Camper, Baumhaus- und Bauwagenmieter dürfen die Toiletten des Forsthauses benutzen. Duschen kann man zu Hause! Ich fülle mein Wasser auf und mache mir noch einen Tee und schreibe im Bauwagen am Tisch an meinem Tagebuch.
Ein köstliches Abendessen
Um 7 Uhr sitze ich im Forsthaus auf der Terrasse und habe mächtig Kohldampf. Es gibt Spätzle mit Wild Bolognese und zum Nachtisch ein Stück Kuchen. Ein Abendessen von Tendmeal habe ich zu viel mitgeschleppt, aber hier Speisen zu können hatte ich vorher überhaupt nicht auf dem Schirm. Zum Essen habe ich mir eine Weißweinschorle gegönnt, und bin auf einen Schlag tierisch hinüber und für den Lagerfeuerplan zu müde.
Ich will Sascha absagen und entdecke ihn an einem Tisch unterhalb der Terrasse mit einem Bier. So sitzen wir doch noch eine Weile zusammen und erzählen uns von unseren bisherigen Wanderungen, unseren Kindern und Enkelkindern.