Uplandsteig Tag 3 – Usseln bis Trekkingplatz-Ritzhagen-Willingen

Zur Belohnung ein wunderschöner Wandertag

[Wanderung 23,0 km, schwer] [470 Höhenmeter] [23.05.2021]

Am Morgen ist es draußen immer noch so ungemütlich wie am Abend zuvor. Ich öffne meinen Quilt, nun habe ich eine Decke und ziehe Mozart unter die warmen Daunen. So zusammen gekuschelt schlafe ich noch einmal ein. Judith geht es anscheinend genauso. Um 8:30 Uhr sind wir endlich wach, es regnet noch immer. Kein Pardon, heute steht eine waldreiche, lange Etappe bis zum Trekkingplatz-Ritzhagen-Willingen an.

Ich packe meinen Rucksack, deponiere Mozart draußen vor der Komposttoilette und baue das in Innenzelt ab. Judith nutzt wieder die Toilette,  um ihren Rucksack vor dem Regen zu schützen, meiner liegt unter dem Außenzelt und bekommt sein Raincover verpasst. Danach landet auch mein Außenzelt in wenigen Minuten in seinem separaten Packsack. Der Abbau bei Judith funktioniert ähnlich, nur hat sie mehr gefummelt mit dem Schnüren. Ich sage nur Schere!

Das Pfingstwunder

Zum zweiten Mal rutschen wir den Hang runter und entsorgen unseren Müll. Der Wind weht kräftig aus genau der Richtung, in die wir nun gehen müssen. Unsere Augen tränen als wir oberhalb von Usseln den Weg in Richtung Diemel Quelle einschlagen.

Ein Wunder, genau als wir an der Quelle eintreffen kommt die Sonne durch und blauer Himmel wird sichtbar. Wir treffen auf ein paar Mountainbiker, eine Familie und andere Besucher.

Obwohl die Sonne scheint, verkrümeln wir uns in die Schutzhütte um ein wenig Ruhe zu haben. Kaffee belegte Brötchen und die Welt ist sowas von in Ordnung. Woher bitte kommt jetzt dieses wunderbare Wetter? Wir hatten uns schon auf eine Regentour bis Willingen eingestellt. Nun haben wir nur einen Wunsch, nämlich auf dem Trekkingplatz-Ritzhagen-Willingen einen Abend im Sonnenschein relaxt auf der Plattform verbringen zu können.

Hoch hinauf auf 800 Meter

Judith findet, dass der Rucksack heute gut auf den Rücken passt, ich auch. Das schöne, kalte Wetter ist ideal für einen Wandertag. So liebe ich es, und anscheinend auch einige andere Wanderer, denen wir heute begegnen. Voll vergessen, es ist Pfingsten! Die nächste Hütte mit Aussicht wird von einer Familie belegt, wir genießen kurz das Panorama und stiefeln weiter, immer leicht bergan, aber easy und gut zu gehen.

Am übernächsten Knick im Weg haut es uns um und auf die nahegelegene Bank. Die Karte sagt Tepels Kohlhagen, wir finden die Aussicht einfach nur Mega, Mega! Eine Karte vom Sauerländer Höhenflug zeigt die Namen aller Erhebungen im sichtbaren Bereich, es sind viele und so weit, weit weg! Und weil die Aussicht so Besonders war, gibt es jetzt besonders viele Bilder.

Rundherum Naturschutzgebiete

Wir begleiten den Höhenflug noch ein Stück bis zur Hildefelder Höhe. Immer so knapp unter 800 Höhenmeter, dann durch einen gesunden Mischwald auf schmalen Pfaden. An einem Bach trinken wir das kühle Nass ohne zu filtern. Es schmeckt köstlich. Wasser können wir noch später nachfüllen, denn wir liegen heute noch an einige Quellen und Bachläufen am Wegesrand. Ich benötige am Zeltplatz ungefähr 4 Liter Wasser für mich und Hund zum Essen und Trinken am Abend und am Morgen. Dann bleibt mir meist ca. 1 Liter übrig, der dann zügig bis spätestens zum Mittag nachgefüllt werden muss. Da es in letzter Zeit viel geregnet hat, mache ich mir kaum Sorgen um Nachschub bis wir am Trekkingplatz-Ritzhagen-Willingen ankommen.

ich glaub ich steh in den Highlands

Beschwingt geht es voran, wir passieren eine Hinweistafel zu einer Meilerei und landen plötzlich im Naturschutzgebiet Neuer Hagen. Eine Heidelandschaft in dieser Höhe! Hier sind viele Menschen unterwegs, die Quelle ist übervölkert, doch ich schalte das alles ab und bin in Schottland mit meinen Gedanken. Bilder tauchen neben den Gefühlen auf und ich wäre fast überglücklich, wenn nicht, ja wenn ich nicht von einem Hundebesitzer angekläfft worden wäre, der sich gezwungen sah auch seinen Hund anzuleinen. Alter! Geht’s noch? Naturschutzgebiet! Judith holt mich wieder runter und die Landschaft tut sein Bestes meinen Ärger verfliegen zu lassen.

Unerwartete Gastonomie

Und da, Eine bewirtete Hütte! Eine geordnete Menschenschlange mit korrektem Corona Abstand! Wir sind in NRW und die dürfen das hier! Auf der Hessischen Seite, 1km westlich ist alles dicht wegen der hohen Infektionszahlen, verrückte Welt! Ich schnapp mir eine Sitzgelegenheit, Judith sich die Maske und kauft einen Kaffee und einen Schokoladen Cappucino. Wasser können wir auf der Toilette nachfüllen. So viele Menschen habe ich schon lange nicht mehr an einem Ort gesehen. Überall sitzen die Grüppchen an Tischen und trotzen der kalten, nur von wenigen Sonnenstrahlen aufgewärmten Luft. Eigentlich bin ich froh, als wir beim Verlassen wieder allein unterwegs sind.

Auf und hinauf zum Langenberg

Das nächste Ziel ist der höchste Berg von NRW, der Langenberg mit 843 Metern Höhe. Und wem begegnen wir unterwegs? Einer Gruppe Pfadfinder, die teils riesige Rucksäcke mitschleppen. Wir lassen die Gruppe vorbei gehen, und ich kann es nicht lassen zu fragen auf welcher Strafexpedition sie sich befinden. Natürlich mit einem Schmunzeln.

Weiter geht es durch den Wald und etwas passiert mit mir, die Endorphine machen sich breit meine Stimmung ist im Höhenflug. Das letzte Stück bis zum Langenberg geht es noch ein wenig bergauf, aber das macht mir überhaupt nichts aus. Als wir endlich auf dem unscheinbaren Platz, der höchsten Erhebung Nordrhein-Westfalens ankommen, wirft Judith ihren Rucksack auf die Erde und schmeißt sich auf die hölzerne Hängematte und johlt. Irgendein Witzbold hat alte lederne Wanderschuhe auf einen Stein gestellt, ansonsten gibt es hier nur noch ein Kreuz und eine Gedenktafel und ringsherum Bäume. Kein obligatorischer Aussichtsturm! Gefällt mir!

Auch ich probiere die hölzerne Hängematte aus, aber es ist trotz des blauen Himmels kalt hier oben, die bereits tief stehende Sonne dringt kaum durch die Bäume. Wir kommen an einem Richtplatz vorbei, schon wieder! Warum sind die immer so weit oben im Wald versteckt das hat sicherlich einen Grund, danach muss ich forschen, wenn ich wieder zu Hause bin.

Ein Wunsch geht in Erfüllung

Nur noch schlappe 4 km fehlen uns bis zum Erreichen des Trekkingplatz-Ritzhagen-Willingen. Es geht bergab und Judiths Knie macht sich bemerkbar. Schneller als gedacht erreichen wir eine große Liftstation. Ein Schild weist uns den Weg zum Trekkingplatz-Ritzhagen-Willingen die Piste hinunter.

Wenige Minuten später finden wir unsere Holzplattform am Hang oberhalb der Sommerrodelbahn, ein bisschen versteckt zwischen vereinzelten Bäumen. Und die Sonne scheint Juhuu! Unser Wunsch geht in Erfüllung, wir können heute Abend, an dem an der Platform montierten Holztisch unser Abendessen einnehmen.

Aber zuerst werden die Zelte aufgebaut, diesmal klappt alles reibungslos und ich habe die Idee die Seiten des Tunnelzeltes mit Heringen zu befestigen die ich in die Lücken zwischen den Planken schiebe. Natürlich ganz vorsichtig und ohne das Holz zu beschädigen. Auch mein Daunen Quilt bekommt in der Zwischenzeit etwas Wärme und Luftzufuhr, denn der nasse Hund hat doch einige feuchte Spuren am Tag zuvor hinterlassen.

Danach wird der obligatorische Begrüßungstee getrunken und Mozarts Kartoffelbrei eingeweicht bevor ich mein Essen, heute Italien Style, zubereite. Es ist einfach nur herrlich auf der Plattform zu sitzen und die letzten Reste der Sonne zu genießen, bevor sie hinter den Bäumen verschwindet. Wir befinden uns sozusagen mitten im Skigebiet und haben einen weiten Blick über alle Skipisten von Willingen, was für ein Wahnsinn.

Glück ist so ein einfaches Ding und doch so schwer zu bekommen. Jedoch es reicht ein schöner Abend nach einer langen Wanderung neben dem Zelt ohne unnützen Ballast, um es zu erreichen. Danke Trekkingpark-Sauerland, danke für den Trekkingplatz-Ritzhagen-Willingen und alle anderen.

Wieder kriechen wir in unsere Zelte noch bevor die Sonne untergeht und schlafen ziemlich schnell ein, ich auf jeden Fall.

GPS Daten

Komoot hat leider nicht korrekt gespeichert. Hier die korrigierten Daten: 04:17; 23 km; 5,1 km/h; 470 m; 430 m

2 Antworten auf „Uplandsteig Tag 3 – Usseln bis Trekkingplatz-Ritzhagen-Willingen“

    1. Fanden wir zuerst auch seltsam, hat aber auch Vorteile, wenn man in der Nacht mal raus muss.
      Geruchsbelästigung gibt es nicht. Die Türen quietschen leider etwas.

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